Rückblick – VSD-Forum der Grafischen Industrie 2021

Wo die grafische Branche bleibt

Die digitale Transformation hat im Newsroom ein klares Gesicht erhalten, wie Matthias Künzler am Forum eindrücklich anhand einer neueren Studie über Corporate Communication darlegte. Deshalb  geht die Medienproduktion neue Wege, was zu andern Anforderungen führt, Samuel Hügli verwies dabei auf die eigene Academy, um die nötigen Fachleute (selber) auszubilden. Ein Lob sprach CEO Martin Scholl schliesslich für die grafische Branche aus, weil sie sich vorbildhaft gesundgeschrumpft hat. Dies ist auch nötig, denn Print hat auch bei der ZKB stark abgenommen, ein gewichtiger Rest wird jedoch bleiben

Die Corona-Einschränkungen beschäftigen uns seit mehr als einem Jahr, auch die grafische Branche musste sich immer wieder auf die aktuelle Situation neu ausrichten. Höchste Zeit also, nun über den Tellerrand hinauszuschauen und sich der Frage zu widmen: Wie sehen erfolgreiche Geschäftsmodelle nach der Pandemie aus? Dieser zentralen Frage ging das VSD-Forum 2021 von Anfang September nach und liess sie durch drei namhafte Referenten beantworten.

Zunächst ging Prof. Dr. Matthias Künzler von der FU Berlin auf die neuen Anforderungen und die künftigen Berufsbilder ein, dann überlegte sich Samuel Hügli, verantwortlich bei der TX-Group für Technology and Ventures, wer in einer solchen Situation überleben kann und am Schluss gab der oberste Zürcher Kantonalbänkler, CEO Martin Scholl, seine Sicht zur Zukunft unserer Wirtschaft und der grafischen Branche zum besten. Die Referate wurden abgerundet durch Moderator Dr. Matthias Ackeret, der die Vortragenden nicht nur kurz einleitete, sondern anschliessend offene Punkte geschickt zur Sprache brachte.

Newsroom als Produktionszentrum

Matthias Künzler stützte sich vor allem auf eine Studie, die er als Forschungsleiter des Instituts für Multimedia-Production an der FH Chur verantwortete. Darin wurden neun Fallstudien aus der Schweiz und Deutschland zur Corporate Communication ausgewertet, aufgrund von ausführlichen Gesprächen und Dokumentenanalyse konnte die Bedeutung des Corporate Newsrooms in diesen Firmen untersucht werden. Für manchen versierten Schwarzzünftler mutet es schon seltsam an, dass sich ihre wichtigsten Auftraggeber für die Kommunikation nun selber einrichten und bezüglich der Produktion intern organisieren.

Pragmatisch und digital denken

Samuel Hügli ist beim grössten Schweizer Medienkonzern, der TX-Group, für die Entwicklung zuständig. Dazu gehört eine Entwicklungsgruppe mit 200 Mitarbeitenden in Belgrad, als Innovationstreiber wirken zudem verschiedene Startups, welche Tamedia erworben hat. Diese sind für ihn jedoch erst relevant, wenn sie auch in klassischen Medien (Print) zum Thema werden, denn der Social-Media-Bereich erweist sich nach wie vor als (zu) flüchtig. Die digitale Transformation hat die Medienbranche in Trab versetzt, wer künftig Erfolg haben will, braucht neben Print erfolgreiche Web-Plattformen.

Gesundschrumpfung hat sich gelohnt

Den fulminanten Schlusspunkt setzte Martin Scholl, CEO der Zürcher Kantonalbank, dem viertgrössten Finanzinstitut der Schweiz. Er verwies kurz auf die gesamtwirtschaftliche Lage, die sich trotz einigen Kratzern sehr gut erholt. Für die Schweiz prognostiziert er, dass sie im 2. Halbjahr 2021 das Niveau von 2019 erreicht, also wieder zu Vor-Pandemiezeiten zurückkehrt. Dazu gibt es jedoch zwei gewichtige Aber: Wenn die staatlichen Unterstützungsmassnahmen wegfallen, werden strukturelle Probleme wieder stärker sichtbar und von der digitalen Transformation ist die grafische Branche besonders betroffen

 

Autor: Hannes Zaugg
Fotos: Alexandra Rothlin, Lexliana Photography >>

PARTAGER DES ARTICLES